Advent

Im Tale sind die Blumen nun verblüht
und auf den Bergen liegt der erste Schnee.
Des Sommers Licht und Wärme sind verglüht,
in Eis verwandelt ist der blaue See.

Wie würde mir mein Herz in Einsamkeit
und in des Winters Kälte angstvoll gehen,
könnt ich in aller tiefen Dunkelheit
nicht doch ein Licht in diesen Tagen sehn.

Es leuchtet fern und sanft aus einem Land,
das einstens voll von solchen Lichtern war,
da ging ich fröhlich an der Mutter Hand
und trug in Zöpfen noch mein braunes Haar.

Verändert hat die Welt sich hundertmal
in Auf und Ab - doch sieh, mein Lichtlein brennt!
Durch aller Jahre Mühen, Freud und Qual
leuchtet es hell und schön: Es ist Advent!

Hilde Fürstenberg (1902-2005)

Gedanken zum Text

Advent soll in erster Linie eine - innerliche - Vorbereitung auf das nahende Weihnachtsfest sein. Daneben sehen wir in vielen Gedichten und Erzählungen noch eine andere Blickrichtung: zurück in die Kindheit. Von dort werfen schöne Erinnerungen einen warmen, hellen Schein bis in die Gegenwart.

Erleben die Kinder in unserer heutigen Zeit Advent und Weihnachten in einer Weise, die ihnen nach 30 oder 60 Jahren beim Rückblick auch solche das Herz wärmenden Bilder schenken wird?